Themenrunde Mehrsprachigkeit
Das mehrsprachige Klassenzimmer
„Rund 20 Prozent der Einwohner Deutschlands sprechen in ihrer Familie neben Deutsch noch eine weitere Familiensprache. In Deutschland wachsen hunderttausende Kinder mehrsprachig auf.“[1]
Im 2021 getätigten IQB-Bildungstrend Erhebung zu den Kompetenzen in den Fächern Deutsch und Mathematik im dritten Ländervergleich zeigte sich, dass der Zusammenhang zwischen sozialer und sprachlich-kultureller Herkunft mit den Schulleistungen bei Kindern des vierten Schuljahres besonders in Deutschland signifikant ist. Bei IGLU* erzielten Kinder aus sozial-schwachen Familien und/oder mit Migrationshintergrund weitaus schlechtere Leistungen in den einzelnen Lernbereichen als ihre Klassenkameradinnen und –kameraden.“ (Stanat et al. (2022), vgl. auch Hellmich/Kiper 2016; Schwippert/Bos/Lankes 2003) 2016 konnte der Bildungsbericht hinsichtlich Bildungsbeteiligung und –erfolg bereits Fortschritte und Verbesserung auf diesem Bereich verzeichnen (vgl. Bildungsbericht 2016, 10f. 162, 174, 203). Allerdings bestehen aus heutiger Sicht weiterhin Benachteiligungen zuungunsten Kinder und Jugendlicher mit Migrationshintergrund, und daher dringender Handlungsbedarf im Rahmen der Ausbildung (vgl. Kropp 2017).
Im sprachwissenschaftlichen Diskurs wird herkunftsbedingte Mehrsprachigkeit als Ressource anerkannt. Befunde zur Mehrsprachigkeit in Schulen weisen unter anderem auf strukturelle Ursachen dieser Benachteiligung hin; eine im Wandel befindliche Gesellschaft bedarf eines Umdenkens im Umgang mit Mehrsprachigkeit im schulischen Kontext (s. Gogolin 2008; Dirim et al. 2013). Der deutsche Grundschulverband[2] hat in diesem Zusammenhang 2019 vier Forderungen zur Förderung von Mehrsprachigkeit im Klassenzimmer artikuliert:
- Hinführen zur Bildungssprache/Sprachbildung in allen Fächern
- Mehrsprachigkeit und Sprachenvielfalt als Ressource/Chance
- Pädagogische Diagnostik als Grundlage planvoller sprachlicher Bildung
- Interkulturelles Lernen und »Language Awareness /Sprachbewusstheit« (Mehrsprachiges Klassenzimmer als
- Lernraum und Lernchance)
Vor diesem Hintergrund werden Studierende im Grundschullehramt der FAU Erlangen/Nürnberg in ihrer Ausbildung vom Institut für Grundschulforschung für dieses Thema sensibilisiert und durch didaktische und unterrichtspraktische Übungen auf die Situation ihres zukünftigen Berufs- und Wirkungsfeldes vorbereitet. Die Inhalte des Podcasts sollen dazu weiterführende Anregungen und Denkanstöße bieten und auch Lehrkräfte in der Praxis ansprechen.
Bei Fragen, Kommentaren oder Themenideen schreiben Sie uns gerne unter: ifg-mehrsprachigkeit-gs@fau.de
[1] Webseite deutschland.de des Fazit Communication GmbH in Zusammenarbeit mit dem
Auswärtigen Amt, Berlin [2] https://grundschulverband.de/wp-content/uploads/2019/04/Standpunkt-Mehrsprachigkeit.pdf
Literatur:
IGLU (Internationale Grundschul-Lese-Untersuchung) Studie des BMBF[1]
Bildungsbericht 2016. Autorengruppe Bildungsberichterstattung (2016): Bildung in Deutschland 2016. Ein indikatorengestützter Bericht mit einer Analyse zu Bildung und Migration, Bielefeld: Bertelsmann, URL: http://bildungsbericht.de (Zugriff vom 29.11.2021)
Busch, B. (2017). Mehrsprachigkeit. UTB.
Dirim, I., & Oomen-Welke, I. (Eds.). (2013). Mehrsprachigkeit in der Klasse: wahrnehmen-aufgreifen-fördern. Ernst Klett Sprachen GmbH
Gogolin, I. (2008). Der monolinguale Habitus der multilingualen Schule.
Jung, B., & Günther, H. (2007). Erstsprache, Zweitsprache, Fremdsprache. Beltz.
Kropp, A. (2017): (Herkunftsbedingte) Mehrsprachigkeit als Ressource? In: Mehrsprachigkeit und Ökonomie.
Lankes, E. M., Bos, W., Mohr, I., Plaßmeier, N., Schwippert, K., Sibberns, H., & Voss, A. (2003). II. Anlage und Durchführung der Internationalen Grundschul-Lese-Untersuchung (IGLU) und ihrer Erweiterung um Mathematik und Naturwissenschaften (IGLU-E). Erste Ergebnisse aus IGLU Schülerleistungen am Ende der vierten Jahrgangsstufe im internationalen Vergleich, 7-28
Stanat, P., Schipolowski, S., Schneider, R., Sachse, K. A., Weirich, S., & Henschel, S. (2022). IQB-Bildungstrend 2021. Kompetenzen in den Fächern Deutsch und Mathematik am Ende der 4. Jahrgangsstufe im dritten Ländervergleich.