Lehren und Lernen im Sachunterricht
Lehren und Lernen im Sachunterricht
Sachunterricht ist neben Deutsch und Mathematik ein Kernfach der Grundschule. Es zeichnet sich aus durch vielfältige Bezugswissenschaften, ist vielperspektivisch angelegt und leistet einen entscheidenden Beitrag zur Grundlegenden Bildung. Der Forschungsbereich nimmt in den Blick, wie die doppelte Anschlussaufgabe des Sachunterrichts gelöst werden kann: Einerseits beschäftigt er sich mit fachspezifischen, heterogenen Lernvoraussetzungen und deren adaptiver Berücksichtigung im Unterricht, andererseits untersucht er wirksame Lehr-Lernprozesse, um durch die Fachkulturen entwickeltes Wissen in der Grundschule zu vermitteln. Es spielen hier Erkenntnisse aus dem Bereich der Unterrichtsforschung, dem Bereich der digitalen Bildung ebenso hinein wie aus dem Bereich des Umgangs mit Heterogenität, spezifiziert aber durch spezielle Themen aus dem Sachunterricht. Konkret beschäftigt sich dieser Forschungsbereich mit quasiexperimentellen Interventionsstudien (z.B. zum kooperativen Lernen), mit innovativen Teilbereichen wie ökonomischer Bildung, Computational Thinking, Technik und Gesundheitspädagogik.
Hier finden Sie alle Informationen zu laufenden und abgeschlossenen Projekten dieses Forschungsbereichs.
Laufende Projekte
Kolleg Didaktik:digital; Adaptive Lern-/Erklärvideos im Bereich des problemorientierten Forschens im naturwissenschaftlichen Sachunterricht sinnvoll einsetzen – Ein Forschungsvorhaben mit Eingang in die Lehrkräftebildung
(Drittmittelfinanzierte Einzelförderung)
Projektleitung:
Projektstart: 1. Oktober 2023
Projektende: 31. Oktober 2025
Akronym: Didaktik:digital
Mittelgeber: Stiftungen
Abstract:
Lern-/Erklärvideos erfreuen sich einer immergrößeren Beliebtheit – sowohl beim außerschulischen als auch beim schulischenLernen. Dies trifft auch auf Grundschüler*innen zu. Laut der KIM-Studie 2020(MPFS, 2020) sieht sich jedes fünfte Kind einen Film oder ein Video zu einemThema im Unterricht an. 23 % der befragten 6- bis 13-Jährigen gaben sogar an,dass Filme und Videos mindestens einmal oder häufiger in der Woche Eingang inden Unterricht finden. Auch dem Monitor Digitale Bildung zufolge greifen Lehrkräfteauf Videoangebote als Ressource zurUnterrichtsvorbereitung zurück. 72 % der Befragten gaben an, dass Sie Videos(z.B. YouTube) häufig in ihrem Unterricht einsetzen (Bertelsmann Stiftung,2017). Laut der Länderindikatorstudie 2021 zeigt sich aus Sicht derbefragten Lehrkräfte eine deutliche Verbesserung der technologischenRahmenbedingen in Schule im Vergleich zur Vorstudie 2017 (Lorenz et al., 2021).Ein Positivtrend ist vor allem bei der Verbesserung des WLAN-Zugangs in denUnterrichtsräumen zu verzeichnen. So ist davon auszugehen, dass Videos nun nocheinfacher in den Unterricht integriert werden können und damit die Quantitätdes Einsatzes steigt.
Über die Qualität der Angebote ist allerdingsbislang wenig bekannt (Findeisen et al., 2019). Lehrkräfte sind vor dieHerausforderung gestellt, die Qualität vorhandener Lern-/Erklärvideos zubeurteilen oder diese selbst zu erstellen.
Unter Lern-/Erklärvideos werden häufig nur Filmeverstanden, in denen Inhalte, Konzepte und Zusammenhänge in kurzer Zeitmöglichst effektiv erklärt werden, mit dem Ziel, einen Lernprozess bei denLernenden anzustoßen (Findeisen et al., 2019; Wolf, 2015; Zander et al., 2020).In den zitierten Beiträgen liegt der definitorische Fokus auf „Erklärvideos“,welcher insbesondere rezeptive Verstehensprozesse vermuten lässt. Im Hinblickauf den hohen eigenaktiven Anteil im Heimat- und Sachunterricht soll mit demVerweis auf „Lernvideos“ zudem das interaktive Potenzial von Videosunterstrichen werden.
Der Begriff adaptive Lern-/Erklärvideos improblemorientierten Sachunterricht reichert nach unserem Verständnis dieseDefinition zusätzlich an. So sind Lern-/Erklärvideos nur dann lernwirksam, wenndas im Video Beschriebene zur Anwendung gebracht wird. Adaptive undkognitiv aktivierende Aufgabenstellungen sind hierbei zentral. Diese solltensowohl bezüglich des fachlichen Inhalts als auch hinsichtlich derSchüler*innenvorstellungen anschlussfähig sein (Kulgemeyer, 2018). Der Mehrwertdes Videoformats liegt dabei in der Möglichkeit, komplexe und abstraktesachunterrichtliche Inhalte anschaulich erklären zu können (zum Beispiel mitHilfe von Experimenten oder Simulationen zu naturwissenschaftlichenPhänomenen). In der konkreten Umsetzung bedeutet dies, das adaptiveLern-/Erklärvideo an geeigneten Stellen zu unterbrechen, so dass dieSchüler*innen in einem begleitenden Forscherheft problemorientierten Fragen undAufgabenstellungen nachgehen können.
Forschungsfragenim Rahmen der Befragung von Schüler*innen:
1. NehmenSchüler*innen den Einsatz adaptiver Lern-/Erklärvideos im Sachunterricht alsunterstützend wahr?
2. Regenadaptive Lern-/Erklärvideos Schüler*innen dazu an, sich im Sachunterricht aktivund vertieft mit einem naturwissenschaftlichen Thema auseinanderzusetzen?
3. WerdenSchüler*innen durch den Einsatz adaptiver Lern-/Erklärvideos in ihremForschungsprozess dabei unterstützt, naturwissenschaftliche Phänomene zubearbeiten und zu verstehen?
4. Inwiefernregt der Einsatz adaptiver Lern-/Erklärvideos die Lernfreude der Schüler*innen beim Erforschen naturwissenschaftlicherFragestellungen an?
Literaturverzeichnis
Bertelsmann Stiftung (Hrsg.) (2017). MonitorDigitale Bildung. Die Schulen im digitalen Zeitalter. https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/publikationen/publikation/did/monitor-digitale-bildung-9/, letzter Zugriff am: 11.05.2023.
Decristan, J., Hess, M., Holzberger, D.,Praetorius, A.-K. (2020). Oberflächen- und Tiefenmerkmale. Eine Reflexionzweier prominenter Begriffe der Unterrichtsforschung. In A.-K. Praetorius,J. Grünkorn, & E. Klieme (Hrsg.), Empirische Forschung zuUnterrichtsqualität. Theoretische Grundfragen und quantitativeModellierungen (S. 102-116). Weinheim, Basel: BeltzJuventa.
Findeisen, S., Horn, S., & Seifried, J.(2019). Lernen durch Videos – Empirische Befunde zur Gestaltung vonErklärvideos. MedienPädagogik: Zeitschrift für Theorie Und Praxis DerMedienbildung, 2019 (Occasional Papers), 16–36.
Kammermeyer, G., & Martschinke, S. (2003).Schulleistung und Fähigkeitsselbstbild im Anfangsunterricht – Ergebnisse ausdem KILIA-Projekt. Empirische Pädagogik, 17(4), 486–503.
Kulgemeyer, C. (2018). Wie gut erklärenErklärvideos? Ein Bewertungs-Leitfaden. Computer + Unterricht, 109, 8–11.
Lorenz, R., Yotyodying, S., Eickelmann, B. &Endberg, M. (2021). Schule digital – der Länderindikator 2021. Erste Ergebnisseund Analysen im Bundesländervergleich.https://www.telekom-stiftung.de/aktivitaeten/schule-digital-der-laenderindikator.letzter Zugriff am: 15.05.2023.
Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest(MPFS) (2021). KIM-Studie 2020. Kindheit, Internet, Medien.Basisuntersuchung zum Medienumgang 6- bis 13-Jähriger in Deutschland. Stuttgart:MPFS.
Pekrun, R., Götz, T. & Frenzel, A. C.(2005). Academic Emotions Questionnaire –Mathematics (AEQ-M): User’smanual. München: University of Munich, Department of Psychology.
Praetorius, A.-K., Klieme, E., Herbert, B. &Pinger, P. (2018). Generic dimensions of teaching quality: the Germanframework of Three Basic Dimensions. ZDM, 50(3), 407–426.
Wolf, K. (2015). Video-Tutorials und Erklärvideosals Gegenstand, Methode und Ziel der Medien- und Filmbildung. In T. Ballhausen,C. Trültzsch-Wijnen, K. Kaiser-Müller & A. Hartung (Hrsg.), Filmbildungim Wandel (S. 121–131). Wien: New Academic Press.
Zander, S., Behrens, A., & Mehlhorn, S.(2020). Erklärvideos als Format des E-Learnings. In H. M. Niegemann & A.Weinberger (Hrsg.), Handbuch Bildungstechnologie. Konzeption und Einsatzdigitaler Lernumgebungen (S. 247–258). Berlin, München: Springer;Ciando.
Publikationen:
Grundlegende Bildung. Grundlegende Bildung als zentrale Aufgabe der Grundschule
(Projekt aus Eigenmitteln)
Projektbeteiligte:
Projektstart: 1. August 2022
Abstract:
Projektbeteiligte
Dr. Barbara Lenzgeiger, Dr. Julia Kantreiter, Prof. Dr. Katrin Lohrmann (Lehrstuhl für Grundschulpädagogik und Grundschuldidaktik der Ludwig-Maximilians-Universität München)
Dr. Simon Meyer (Institut für Grundschulforschung der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg)
Christian Elting (Lehrstuhl für Grundschulpädagogik und Grundschuldidaktik der Otto-Friedrich-Universität Bamberg)
Apl. Prof. Dr. Johannes Jung (Lehrstuhl für Grundschulpädagogik und Grundschuldidaktik der Julius-Maximilians-Universität Würzburg)
Finanzierung
Das Projekt ist im Rahmen der bayerischen Forschungsinitiative "Förderung der Lern- und Persönlichkeitsentwicklung in digital gestützten Lernumgebungen" konzipiert worden. Es wird aus Eigenmitteln der beteiligten Lehrstühle finanziert.
Theoretischer Hintergrund und Forschungsstand
Grundlegende Bildung beinhaltet fachliches Wissen und Können, welches in der Grundschule inverschiedenen Fächern angebahnt wird (Jung, 2021). Neben diesen fachlichenAnteilen ist auch die Persönlichkeitsentwicklung genuiner Bestandteil Grundlegender Bildung (Einsiedler, 2014). Grundsätzlich, jedoch v.a. durch die besonderen Umstände der Corona-Pandemie waren und sind Lehrkräfte vor die Herausforderung gestellt, Priorisierungen in Bezug auf die multikriterialen ZieleGrundlegender Bildung im Sinne einer „Basisförderung im Unterricht“ (StäwiKo, 2021, S. 14) vorzunehmen.
Es gibt erste Hinweise darauf, dass der Fokus der Grundschullehrkräfte im Distanzunterricht auf den Fächern Mathematik und Deutsch lag (Wildemann & Hosenfeld, 2020). Obwohl auch der Heimat- und Sachunterricht zu den Kernfächern der Grundschule gehört, machte dieser einen erheblich geringeren Anteil des Lernangebots aus (Wildemann & Hosenfeld, 2020). Angesichts der Zielsetzung des Heimat- und Sachunterrichts, zum Erschließen von Lebenswelt beizutragen und grundlegende Kompetenzen für dasLernen an weiterführenden Schulen vorzubereiten, ist es wichtig, Daten zum Heimat- und Sachunterricht zu generieren, um Aussagen über dessen Umsetzung unter Pandemie- und „Normalbedingungen“ treffen zu können.
Aus verschiedenen Studien zu den Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Persönlichkeitsentwicklung der Schüler:innen kann abgeleitet werden (Bujard et al., 2021; StäwiKo, 2021), dass der Schule besondere Bedeutung für die Initiierung relevanter Lernangebote für die Persönlichkeitsentwicklung zukommt. Eine positive Persönlichkeitsentwicklung (personal, sozial, emotional) ist dabei als Wert an sich zu betrachten, zugleich ist eine positive Persönlichkeitsentwicklung auch funktional auf gelingendes Lernen ausgerichtet.Trotz der zentralen Bedeutung der Persönlichkeitsentwicklung fehlen Studien zur Umsetzung persönlichkeitsfördernder Lernangebote unter Pandemie- und „Normalbedingungen“.
Die vorliegende Studie adressiert die aufgezeigten Forschungsdesiderata und gibt damit wertvolle Hinweise auf mögliche Nachholbedarfe infolge der Corona-Pandemie, die für die zielgerichtete Ausgestaltung von Aufholprogrammen genutzt werden können. Doch auch jenseits der Corona-Pandemie stellen die Erforschung Grundlegender Bildungund deren Umsetzung im Grundschulunterricht empirisch noch kaum erschlossene Felder dar. Diese Studie ergänzt theoretisch-konzeptionelle Beiträge empirisch und leistet somit auch einen ersten Beitrag zur Schließung dieser Forschungslücke.
Fragestellungen
Ziel des Projekts ist es, empirische Erkenntnisse darüber zu gewinnen, welche Aufgaben und Ziele Grundlegender Bildung Lehrkräfte unter Pandemie- und „Normalbedingungen“ priorisieren.
Im Einzelnen sollen folgende Forschungsfragen beantwortet werden:
- Welche Fächer aus dem Fächerkanon derGrundschule haben Lehrkräfte priorisiert?
- Welche Ziele des Heimat- und Sachunterrichts haben Lehrkräfte priorisiert?
- Welche Ziele der Persönlichkeitsförderung haben Lehrkräfte priorisiert?
Methode
Zur Beantwortung dieser Fragestellungen werden im Rahmen einer quantitativen Online-Erhebung Grundschullehrkräfte (anvisiert N = 338) aus verschiedenen Regierungsbezirken zu den folgenden Aspekten befragt:
- Priorisierung von Fächern unter Pandemie- und „Normalbedingungen“
- Initiierte Lernangebote im Heimat- und Sachunterricht unter Pandemie- und „Normalbedingungen“
- Initiierte Lernangebote im Persönlichkeitsbereich unter Pandemie- und „Normalbedingungen“
- Gesamteinschätzung zur Förderung der Lern- und Persönlichkeitsentwicklung unter Pandemie- und „Normalbedingungen“
Bedeutsamkeit:
Die vorliegende Studie ergänzt theoretisch-konzeptionelle Arbeiten zur Grundlegenden Bildung um empirische Erkenntnisse zu deren Umsetzung. Neben diesem wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn zielt die vorliegende Studie auf die Ausarbeitungvon evidenzbasierten Handlungsempfehlungen, die sowohl für Lehrkräfte als auch für die Bildungsadministration von Nutzen sein können. Diese sollen für die Professionalisierung von angehenden und praktizierenden Lehrkräften genutzt werden. So werden Forschungsergebnisse zur Relevanz einzelner Facetten Grundlegender Bildung für die universitäre Phase der Lehrkräftebildung genutzt. Gleichzeitig sollenin praxisorientierten Publikationen Orientierungshilfen zur Integration unterschiedlicher Ziele Grundlegender Bildung gegeben werden, die auch für die zielführende Ausgestaltung von Aufholprogrammen hilfreich sind.
Zitierte Literatur:
- Bujard, M., den Driesch, E. von, Kerstin, R., Laß, I., Thönnissen, C., Schumann, A. & Schneider, N. (2021). Belastungen von Kindern, Jugendlichen und Eltern in der Corona-Pandemie. https://www.bib.bund.de/Publikation/2021/Belastungen-von-Kindern-Jugendlichen-und-Eltern-in-der-Corona-Pandemie.html. Zugegriffen: 9. September 2021.
- Einsiedler, W. (2014). Grundlegende Bildung. In W. Einsiedler (Hrsg.): Handbuch Grundschulpädagogik und Grundschuldidaktik (4. ergänzte und aktualisierte Auflage, S. 225–233). Bad Heilbrunn, Stuttgart: Klinkhardt; UTB.
- Jung, J. (2021). Die Grundschule neu bestimmen. Eine praktische Theorie. Stuttgart: Kohlhammer.
- Ständige wissenschaftliche Kommission der KMK (2021). Pandemiebedingte Lernrückstände aufholen. Unterstützungsmaßnahmen fokussieren, verknüpfen und evaluieren. https://www.kmk.org/fileadmin/pdf/KMK/StaewiKo/2021/2021_06_11-Pandemiebedingte-Lernruckstaende-aufholen.pdf. Zugegriffen: 13. September 2021.
- Wildemann, A. & Hosenfeld, I. (2020). Bundesweite Elternbefragung zu Homeschooling während der Covid 19-Pandemie. Erkenntnisse zur Umsetzung des Homeschoolings in Deutschland. http://www.zepf.eu/wpc-content/uploads/2020/06/Bericht_HOMEschooling2020.pdf. Zugegriffen: 20. September 2021.
Publikationen:
Erfolge und Förderbedarfe der Grundschule: Forschungsüberblick zu grundlegenden Bildungserträgen
In: Grundschule (2022), S. 14-20
ISSN: 0533-3431
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BNEprimus. Bildung für nachhaltige Entwicklung in der Lehrkräftebildung im Primarbereich und im Sachunterricht
(Projekt aus Eigenmitteln)
Projektleitung:
Projektstart: 1. Januar 2022
Akronym: BNEprimus
Abstract:
In vielen Bundesländern wird BNE bzw. Bildung für nachhaltige Entwicklung in den Lehrplänen der allgemeinbildenden Schulen und damit auch in den Grundschulen explizit erwähnt. So auch im bayerischen LehrplanPLUS für die Grundschule (ISB, 2014), in dem BNE eines der fächerübergreifenden Bildungs- und Erziehungsziele darstellt. Fokussiert man sich auf den Sachunterricht der Grundschule, stellt (Bildung für) nachhaltige Entwicklung im Perspektivrahmen der GDSU (Gesellschaft für Didaktik des Sachunterrichts e.V., 2013) einen perspektivenvernetzenden Themenbereich dar. Auch die Agenda 2030 der Vereinten Nationen (2015) verweist in Teilziel 4.7 auf die Relevanz von BNE in Schulen. Zusammenfassend ist BNE also als eine bedeutsame Aufgabe von Lehrkräften in der Grundschule insgesamt sowie auch speziell im Sachunterricht anzusehen, weshalb bereits angehende Lehrkräfte in ihrer Ausbildung hierzu professionalisiert werden sollten.
Allerdings zeigen Studienergebnisse, dass sich die gesamtgesellschaftlichen Nachhaltigkeitsbestrebungen in der Aus- und Weiterbildung von Lehrkräften derzeit noch nicht niedergeschlagen haben und stattdessen ein Qualifikationsdefizit besteht (z.B. Baumann & Niebert, 2020; Brock & Grund, 2018; Handtke et al., 2022; Waltner et al., 2020). In einer Studie von Brock und Grund (2018) geben knapp 70% der befragten Lehrkräfte an, dass BNE in ihrem Studium nie thematisiert worden sei, trotz hoher Ausprägung von Relevanzzuschreibung und Implementierungswunsch auf Seiten der Lehrkräfte. Für eine stärkere Umsetzung von BNE im Unterricht sind die wahrgenommenen Hürden der Lehrkräfte relevant, bei der vor allem der Mangel an Wissen als große Hürde angesehen wird (ebd.).
Diesen Entwicklungen möchte die im Rahmen des Forschungsprojekts "BNEprimus" (BNE in der Lehrkräftebildung im PRIMarbereich Und im Sachunterricht) evaluierte Lehrveranstaltung "BNE im Sachunterricht der Grundschule" entgegenwirken, in der sich Studierende des Grundschullehramtes an der Universität Erlangen-Nürnberg seit 2020 coronabedingt in einem Online-Format mit synchronen und asynchronen Phasen mit Inhalten rund um das Thema auseinandersetzen. Ziel der Lehrveranstaltung, die seit 2023 auch in einem Präsenz-Format angeboten wird, ist eine möglichst optimale Professionalisierung zum Thema „BNE im Sachunterricht der Grundschule“ einerseits in Hinblick auf das Wissen, um der bereits angesprochenen Problematik des mangelnden Wissens als bedeutsames Hindernis bei der BNE-Umsetzung entgegenzuwirken. Aber auch die Überzeugung, Motivation und Selbstwirksamkeit zu BNE als weitere wichtige Bestandteile der professionellen Handlungskompetenz einer Lehrkraft (Baumert & Kunter 2006; Reinke 2017) sollen positiv (weiter-)entwickelt werden. Das Forschungsprojekt "BNEprimus" widmet sich dabei den Fragestellungen, ob durch die Teilnahme an der Lehrveranstaltung die genannten Handlungskompetenzen positiv (weiter-)entwickelt werden können und wie das Seminarangebot bewertet wird.
Um die Forschungsfragen zu beantworten, bearbeiten die Studierenden vor und nach dem Seminar (Prä-Post-Messung) einen Online-Fragebogen mit erprobten (z.B. Hemmer et al. 2021) und adaptierten (z.B. Schwarzer & Schmitz 1999) Skalen sowie offenen Teilfragen, wobei letztere mittels qualitativer Inhaltsanalyse nach Mayring (2015) ausgewertet werden. Die Lehrveranstaltung wird jedes Semester kontinuierlich für 30-60 Studierende angeboten und die Stichprobe wird damit stetig erweitert. Seit dem Wintersemester 2021/22 wird zudem ein Kontrollgruppendesign eingesetzt, um Zufallseffekte auszuschließen.
Literaturangaben:
Baumann, Stefan; Niebert, Kai (2020): Vorstellungen von Studierenden zur Bedeutung von Nachhaltigkeit im Geographieunterricht. Zur Analyse von Präkonzepten als Ausgangspunkt für die Konzeption einer auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Didaktikveranstaltung. In: Andreas Keil, Miriam Kuckuck, Mira Faßbender (Hrsg.): BNE-Strukturen gemeinsam gestalten. Waxmann (S.235-262).
Baumert, Jürgen; Kunter, Mareike (2006): Stichwort: Professionelle Kompetenz von Lehrkräften. In: Z Erziehungswiss 9 (4), S. 469–520. DOI: 10.1007/s11618-006-0165-2
Brock, Antje; Grund, Jullius (2018): Bildung für nachhaltige Entwicklung in Lehr-Lernsettings – Quantitative Studie des nationalen Monitorings –Befragung von LehrerInnen. https://www.ewi-psy.fu-berlin.de/einrichtungen/weitere/institut-futur/aktuelles/dateien/executive_summary_lehrerinnen.pdf
Gesellschaft für Didaktik des Sachunterrichts (2013): Perspektivrahmen Sachunterricht. Vollständig überarbeitete und erweiterte Ausgabe. Bad Heilbrunn: Verlag Julius Klinkhardt.
Handtke, K., Richter-Beuschel, L. & Bögeholz, S. (2022): Self-Efficacy Beliefs of Teaching ESD: A Theory-Driven Instrument and the Effectiveness of ESD in German Teacher Education. Sustainability, 14(11), 6477. https://doi.org/10.3390/su14116477
Hellborg-Rode, G. & Schrüfer, G. (2016): Welche spezifischen professionellen Handlungskompetenzen benötigen Lehrkräfte für die Umsetzung von BNE? Ergebnisse einer explorativen Studie. Zeitschrift für Didaktik der Biologie 20, 1-29.
Hemmer, I., Koch, C. & Peitz, A. (2021): Fortbildung von Hochschuldozieren-den und Seminarlehrkräften für Bildung für nachhaltige Entwicklung in Bayern (FOLE-BNE_Bay): Abschlussbericht. https://www.ku.de/fileadmin/150305/Forschung/FOLE_BNE/Abschlussbericht_FOLE-BNE_Bay_2021-10-27_final.pdf
ISB/Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung München (2014): LehrplanPLUS Grundschule. Lehrplan für die bayerische Grundschule. München.
Mayring, Philipp (2015): Qualitative Inhaltsanalyse. Grundlagen und Techniken. 12., Neuausgabe, 12., vollständig überarbeitete und aktualisierte Aufl. Weinheim, Bergstr: Beltz, J (Beltz Pädagogik).
Reinke, V. (2017): Professionelle Handlungskompetenz von BNE-Akteuren. In K.-D. Altmeppen, F. Zschaler, H.-M. Zademach, C. Böttigheimer & M. Müller (Hrsg.), Nachhaltigkeit in Umwelt, Wirtschaft und Gesellschaft (S. 241–255). Springer Fachmedien Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-14439-5_10
Schwarzer, R. & Schmitz, G. (1999): Skala zur Lehrer-Selbstwirksamkeitserwartung (WIRKLEHR). In R. Schwarzer (Hrsg.), Skalen zur Erfassung von Lehrer- und Schülermerkmalen: Dokumentation der psychometrischen Verfahren im Rahmen der wissenschaftlichen Be-gleitung des Modellversuchs Selbstwirksame Schulen (S. 60–62). R. Schwarzer.
Vereinte Nationen (2015): Resolution der Generalversammlung, verabschiedet am 25. September 2015. 70/1. Transformation unserer Welt: die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung. Verfügbar unter: https://www.un.org/Depts/german/gv-70/band1/ar70001.pdf
Waltner, E.M., Scharenberg, K., Hörsch, C. & Rieß, W. (2020): What Teachers Think and Know about Education for Sustainable Development and How They Implement it in Class. Sustainability, 12(4), 1690. https://doi.org/10.3390/su12041690
Publikationen:
„Bildung für nachhaltige Entwicklung ist mir schleierhaft“ – Präkonzepte von Grundschullehramtsstudierenden vor dem Besuch einer BNE-Lehrveranstaltung mit Sachunterrichtsbezug
In: Haider, Böhme, Gebauer, Gößinger, Munser-Kiefer, Rank (Hrsg.): Nachhaltige Bildung in der Grundschule, Bad Heilbrunn: Verlag Julius Klinkhardt, 2023, S. 78-83 (Jahrbuch Grundschulforschung, Bd.27)
ISBN: 978-3-7815-6035-2
DOI: 10.35468/6035
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Welche Präkonzepte besitzen Grundschullehramtsstudierende zu Nachhaltigkeit und nachhaltiger Entwicklung und (wie) verändern sich diese über ein Seminar zum Thema BNE hinweg?
In: Zeitschrift für internationale Bildungsforschung und Entwicklungspädagogik 46 (2023), S. 4-7
ISSN: 1434-4688
DOI: 10.31244/zep.2023.04.02
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Intrinsische Motivation, Wissen und Selbstwirksamkeit zu BNE im Grundschullehramtsstudium
In: Zeitschrift für Hochschulentwicklung 18 (2023), S. 229-249
ISSN: 0250-6467
DOI: 10.21240/zfhe/18-04/13
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Bildung für nachhaltige Entwicklung als Thema eines universitären Seminars: Entwicklung von Präkonzepten bei Grundschullehramtsstudierenden
In: A. Flügel, A. Gruhn, I. Landrock, J. Lange, B. Müller-Naendrup, J. Wiesemann. P. Büker, A. Rank (Hrsg.): Grundschulforschung meets Kindheitsforschung reloaded, Bad Heilbrunn: Julius Klinkhardt, 2024, S. 470-475 (Jahrbuch Grundschulforschung, Bd.28)
ISBN: 978-3-7815-2660-0
DOI: doi.org/10.35468/6111
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Computational Thinking in der Grundschule - Was und wie arbeiten Informatiker?
(Projekt aus Eigenmitteln)
Projektleitung:
Projektstart: 1. Januar 2017
Abstract:
Es geht in diesem Projekt darum, Informatik, die über die „klassischen“ und offensichtlich digitalen Geräte hinausgeht, als unmittelbare Lebenswirklichkeit erfahrbar und bewusst zu machen. Die Schülerinnen und Schüler sollen nicht vorrangig programmieren, sondern ein erstes Verständnis für die fundamentalen Prinzipien, Konzepte und Problemlösungen in der Informatik entwickeln. Zusätzlich sollen auch erste praktische (Programmier-)Erfahrungen gesammelt werden. Langfristiges Ziel ist, dass Grundschulkinder verantwortungsvoll, selbstsicher und kreativ Informatik anwenden und mit ihr umgehen können.
Vorbilder für die Entwicklung einer Unterrichtseinheit im Bereich „Computational Thinking“ sind Länder, wie z.B. England oder Australien, die bereits Curricula oder Unterrichtsvorschläge ab Klasse 1 vorgelegt haben. Dazu wurde eine kleine Unterrichtseinheit entworfen unter Titel „WAS und WIE arbeiten Informatiker?“, die sieben Unterrichtseinheiten umfasst (mit je ca. 60 – 70 Minuten). Die Kompetenzentwicklung der Kinder aus ca. drei dritten Klassen soll dabei evaluiert werden.
Publikationen:
Informatische (Grund-)Bildung schon in der Grundschule? Erste Ergebnisse zu einer Evaluationsstudie.
In: Ingelore Mammes, Lydia Murmann (Hrsg.): Technische Bildung im Elementar- und Primarbereich, Bad Heilbrunn: Klinkhardt, 2020 (GDSU- Forschungsband, Bd.11)
DOI: 10.35468/5869-08
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Abgeschlossene Projekte
Ökonomische Präkonzepte von Grundschulkindern
(Drittmittelfinanzierte Einzelförderung)
Projektleitung:
Projektbeteiligte:
Projektstart: 1. Juli 2013
Projektende: 30. Juni 2015
Mittelgeber: Stiftungen
Abstract:
Theoretischer Hintergrund
Ökonomische Bildung wird zunehmend als wesentlicher Bestandteil der Allgemeinbildung gesehen, da eine selbstständige und selbstverantwortliche Bewältigung von Lebenssituationen die Auseinandersetzung mit ökonomisch geprägten Sachverhalten verlangt. Schon Kinder im Grundschulalter müssen ökonomische Herausforderungen bewältigen, wenn sie z.B. mit knappen Ressourcen wie Geld und Zeit umgehen oder als Nachfrager auf Märkten agieren. Durch lebensweltliche Erfahrungen entwickeln Kinder eigene Deutungsmuster zu ökonomischen Sachverhalten (z.B. Tauschvorgänge, Funktion von Geld, ökonomische Ungleichheit), die nicht immer mit den wissenschaftlich tragfähigen Erklärungen übereinstimmen. Um im Sachunterricht anschlussfähiges Lernen zu ermöglichen und den Erwerb belastbarer Konzepte zu unterstützen muss analog zum mittlerweile gut untersuchten Bereich der Naturwissenschaften auch hier erfasst werden, über welches Vorwissen Grundschulkinder verfügen.
Zielsetzung
Die durch die Joachim-Herz-Stiftung geförderte empirische Studie „Ökonomische Präkonzepte von Grundschülern“ untersucht die Vorkenntnisse und (Fehl-)Vorstellungen von Grundschulkindern zu ökonomisch relevanten Inhalten aus den Bereichen Konsum, Arbeit, Unternehmen und Staat bzw. wirtschaftliche Rahmenbedingungen.
Methode
In einem ersten Projektschritt wird eine explorative qualitative Vorstudie durchgeführt, in der Leitfadeninterviews mit Grundschulkindern aus verschiedenen Klassenstufen geführt werden, um Erklärungsversuche („Präkonzepte“) zu identifizieren. Auf dieser Basis soll ein standardisierter Test entwickelt werden. Dieses Testinstrument sowie erste deskriptive Auswertungen sind das Ergebnis des ersten Teilprojekts.
Daran anschließend wird im zweiten Teilprojekt auf Grundlage der gewonnenen Erkenntnisse eine großflächige Erhebung in mehreren Bundesländern geplant. Die Auswertung der Fragebögen erfolgt mit dem Ziel, die (Fehl-)Vorstellungen von ökonomischen Begriffen, Konzepten und Zusammenhängen und deren Abhängigkeit von anderen Faktoren wie z.B. dem Alter oder dem Bundesland zu identifizieren.
Publikationen:
Entwicklung eines Erhebungsinstruments zur Erfassung des Vorwissens von Grundschulkindern zu ökonomischen Präkonzepten – Ergebnisse aus der ersten Pilotierung
In: Arndt, Holger (Hrsg.): Das Theorie-Praxis-Verhältnis in der Ökonomischen Bildung, Wochenschau Verlag, 2016, S. 201-211
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Präkonzepte von Grundschulkindern zu ökonomischen Sachverhalten – erste Ergebnisse der Vorstudie
In: Arndt, Holger (Hrsg.): Kognitive Aktivierung in der Ökonomischen Bildung, Schwalbach/Ts.: Wochenschau Verlag, 2015, S. 118-130
ISBN: 978-3-7344-0086-5
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„Dann würden die Preise immer höher kommen und dann wäre Geld überhaupt nichts mehr wert“ – Erste Ergebnisse einer Studie zu ökonomischen Präkonzepten von Grundschulkindern
In: Fischer Hans-Joachim, Giest Hartmut, Michalik Kerstin (Hrsg.): Bildung im und durch Sachunterricht, Bad Heilbrunn: Julius Klinkhardt Verlag, 2015, S. 183-188
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Ökonomische Bildung im Sachunterricht - Präkonzepte von Grundschulkindern
In: Schriften zu Ordnungsfragen der Wirtschaft, Stuttgart: Lucius & Lucius Verlag, 2014, S. S. 33-53 (Schriften zu Ordnungsfragen der Wirtschaft, Bd.Band 99)
ISBN: ISBN 978-3-8282-0604-5
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Kognitive Aktivierung in kooperativen Lernphasen des naturwissenschaftlichen Sachunterrichts in der Grundschule
(Projekt aus Eigenmitteln)
Projektleitung:
Projektbeteiligte:
Projektstart: 1. März 2010
Projektende: 1. Dezember 2015
Abstract:
Das Forschungsprojekt „Kognitive Aktivierung in kooperativen Lernphasen des naturwissenschaftlichen Sachunterrichts in der Grundschule“ beschäftigt sich mit der Fragestellung, ob Kinder eingeführte Maßnahmen zur kognitiven Aktivierung tatsächlich wahrnehmen und umsetzen können. Dazu wurde im Rahmen einer explorativen Interventionsstudie eine neunstündige Unterrichtssequenz zum Thema Magnetismus in der dritten Jahrgangsstufe mit je einer kooperativen Lernphase in jeder Unterrichtseinheit durchgeführt. Speziell aus soziokonstruktivistischer Perspektive (in Anlehnung an Piaget, bei Renkl die sogenannte neo-piagetsche Perspektive) geht man davon aus, dass im sozialen Austausch soziokognitive Konflikte und Perturbationen ausgehandelt werden. Das Aufeinandertreffen verschiedener Perspektiven bei Interaktionen von Peers gleicher Altersstufe wird als besonders gewinnbringend angesehen, weil sich dabei die Lernenden auf ähnlichem Sprachniveau bewegen, aber meist unterschiedlich kompetent sind. Damit ist keine unkritische oberflächliche Perspektivenübernahme zu erwarten, sondern ein gemeinsames Aushandeln und Konvergieren des Wissens. Die Aufgabe des Lehrers sollte es sein, den Schülern herausfordernde Aufgaben zu stellen, die kognitive Konflikte provozieren und dazu führen, dass die Kinder ihr Vorwissen, ihre Ideen und Lösungswege verbalisieren und im Dialog und Austausch mit den anderen diskutieren (Klieme, Lipowsky, Rakoczy & Ratzka, 2006; Lipowsky, 2006, 2009). Man vermutet, dass dadurch vertieftes Nachdenken, reiches Elaborieren sowie Vernetzen mit dem Vorwissen stattfinden können.
In der durchgeführten Untersuchung erhielten 93 Schülerinnen und Schüler im Rahmen des Unterrichts sowohl Lernvorgaben zur kognitiven als auch zur sozialen Aktivierung, um die Gruppenarbeitsphasen zu intensivieren. Zur kognitiven Aktivierung wurden Gruppenarbeitsaufträge, ein Forschertagebuch und Lerntipps eingesetzt. Die soziale Aktivierung wurde durch ein spezifisches Kooperationsskript mit wechselndem Laborchef gesteuert. Zur Erfassung des Lernerfolgs wurde vor als auch nach der Intervention ein Wissenstest durchgeführt. Zusätzlich wurden prozessbegleitend Daten über Videographie und Forschertagebücher gewonnen, um die Interaktionen während der kooperativen Lernphasen und damit Qualität und Quantität der kognitiven Aktivierung der Schülerinnen und Schüler zu erfassen (Einschätzskala zur kognitiven und sozialen Aktivierung, Videographie). Die Auswertung der quantitativen Daten zeigt, dass sich in der Gesamtstichprobe ein positiver Wissenszuwachs mit einer sehr hohen Effektstärke beobachten lässt. Dabei finden sich keine signifikanten Klassen- oder Gruppenunterschiede. Des Weiteren schätzen sich die Schülerinnen und Schüler selbst kognitiv und sozial hoch aktiviert in den einzelnen kooperativen Lernphasen ein. Die qualitativen Daten aus der Videoanalysen ergeben ein ähnliches Bild: Das Ergebnis des time-samplings auf Grundlage des Münchner Aufmerksamkeitsinventars (Helmke 1988) verweist auf ein hohes on-task-Verhalten der einzelnen Gruppenmitglieder, d.h. die Kinder bringen sich aktiv in die Diskussionen ein und scheinen aufmerksam zuzuhören. Um herauszufinden, worüber die Kinder genau miteinander in der Gruppe sprechen, wurde in induktiver Vorgehensweise in Anlehnung an Mayring (2000) ein Kategoriensystem zu den Gesprächsinhalten gebildet. Mithilfe eines event-samplings wurden alle Redebeiträge der Kinder ausgewertet. Auch hier zeigt sich, dass sie sich intensiv mit den Inhalten auseinandersetzen. Hierbei nehmen Aussagen, die sich beispielweise damit beschäftigen, eigene Ideen einzubringen, schlussfolgerndes Denken aufzeigen und die kritische Auseinandersetzung mit den Ideen der anderen Gruppenmitgliedern widerspiegeln, einen großen Anteil ein. Alle Ergebnisse (Aufmerksamkeitsverhalten, inhaltliche Prozesse, Selbsteinschätzung) verweisen auf reichhaltiges Elaborieren in den kooperativen Lernphasen.
Literaturangaben
Helmke, A. (1988). Das Münchner Aufmerksamkeitsinventar (MAI): Manual für die Beobachtung des Aufmerksamkeitsverhaltens von Grundschülern während des Unterrichts (Paper 6). München: Max-Planck-Institut für Psychologische Forschung.
Klieme, E., Lipowsky, F., Rakoczy, K. & Ratzka, N. (2006). Qualitätsdimensionen und Wirksamkeit von Mathematikunterricht. Theoretische Grundlagen und ausgewählte Ergebnisse des Projekts „Pythagoras“. In M. Prenzel & L. Allolio-Näcke (Hrsg.), Untersuchungen zur Bildungsqualität von Schule. Abschlussbericht des DFG-Schwerpunktprogramms (S. 127-146). Münster: Waxmann.
Lipowsky, F. (2006). Auf den Lehrer kommt es an. In C. Allemann-Ghionda & E. Terhart (Hrsg.), Kompetenzen und Kompetenzentwicklung von Lehrerinnen und Lehrern: Ausbildung und Beruf (S. 47- 70). Zeitschrift für Pädagogik, 51. Beiheft. Weinheim: Beltz.
Lipowsky, F. (2009). Unterricht. In E. Wild & J. Möller (Hrsg.), Pädagogische Psychologie (S.74-101 ). Berlin: Springer.
Mayring, Philipp (2000): Qualitative Inhaltsanalyse. Grundlagen und Techniken. Weinheim: Deutscher Studien Verlag.
Renkl, A. (1997). Lernen durch Lehren: Zentrale Wirkmechanismen beim kooperativen Lernen. Wiesbaden: Deutsche Universitäts-Verlag.
Publikationen:
"Überlegt mal alle!". Werden Kinder in kooperativen Lernphasen kognitiv aktiviert?
In: Perspektiven auf inklusive Bildung. Gemeinsam anders lehren und lernen., Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, 2014, S. 189-195 (Jahrbuch Grundschulforschung, Bd.18)
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Olli, weißt du, an was das liegt?". Soziale und kognitive Aktivierungsmaßnahmen in kooperativen Lernphasen des naturwissenschaftlichen Unterrichts in der Grundschule
In: Giest Hartmut, Heran-Dörr Eva, Archie Carmen (Hrsg.): Lernen und Lehren im Sachunterricht : zum Verhältnis von Konstruktion und Instruktion, Bad Heilbrunn: Klinkhardt, 2012, S. 103-110
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Lernvoraussetzungen zum Thema „Magnetismus“
In: Arnold Karl-Heinz (Hrsg.): Zwischen Fachdidaktik und Stufendidaktik : Perspektiven für die Grundschulpädagogik, Wiesbaden: VS-Verl., 2010, S. 189-192
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Förderung von Wissenschaftsverständnis in der Grundschule. Was spricht für die Förderung von Wissenschaftsverständnis in der Grundschule und wie kann man dieses bei Grundschulkindern aufbauen?
In: SchulVerwaltung : Zeitschrift für Schulgestaltung und Schulentwicklung (2009), S. 267-270
ISSN: 1438-1907
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Mobile Lernwerkstatt Technik - Erprobung von Unterrichtskonzepten zum Forschenden Lernen
(Drittmittelfinanzierte Einzelförderung)
Projektleitung:
Projektstart: 1. April 2016
Projektende: 31. Dezember 2017
Mittelgeber: Stiftungen
Abstract:
Die Uni-Lernwerkstatt (Institut für Grundschulforschung) wurde im März 2017 als Bildungspartner der Hermann-Gutmann-Stiftung als eines von 16 herausragenden Projekten ausgewählt, die in der Vernetzung mit den anderen Bildungspartnern das individualisierende Lernen mit dem Ziel der Stärkung des Selbstvertrauens, des Urteilsvermögens und der Lernmotivation der Lernenden und Lehrenden weiterentwickeln sollen. Dabei unterstützt die Stiftung ideell und finanziell (s. Presseartikel hier)
Kinder an technische Phänomene heranzuführen ist ein Bildungsziel, das im neuen Lehrplan Plus gestärkt wurde, in der Praxis jedoch oft vernachlässigt wird, da viele Lehrkräfte selbst eine Scheu vor technischen Inhalten haben. Mit den von unserem Institut vorbereiteten Lernumgebungen „Mobile Lernwerkstatt Technik“ wählen wir einen Zugang, der Kinder unterstützen soll, eigenaktiv einfache Gesetzmäßigkeiten am Beispiel „Zahnräder“ zu erforschen.
Die dazu entstandenen Unterrichtsvorschläge führen Lehrkräfte und Kinder in den ersten drei Einheiten in das Forschende Lernen im Sinne des Forschungskreises (in Anlehnung an den Ablauf im „Haus der kleinen Forscher“) und bieten eine Lernumgebung für die nächsten drei Unterrichtseinheiten zum freien Forschen mit eigenen Fragestellungen.
In der Materialbox der mobilen Lernwerkstatt, die auch von Lehrkräften ausgeliehen werden kann, wird Folgendes zur Verfügung gestellt:
- einfache Erläuterungen rund um die technischen Möglichkeiten von Zahnrädern und Getrieben (selbst entwickeltes Geheft mit „Basis-Sachwissen" für Lehrkräfte und Schüler zum Nachschlagen)
- kindgemäße Bücher zur Recherche über Zahnräder und Zahnradgetriebe
- unterschiedliche Angebote zum Bauen und Erkunden mit Zahnrädern
- kleine Modelle von Alltagsgegenständen (Fahrrad, Salatschleuder, Bohrer…), an denen die Kinder die Funktion sehen und erforschen können
Ziele & Vorgehen
Perspektive der Studierenden und der Lehrkräfte bei der Erprobung
Bei diesem Projekt werden verschiedene Perspektiven und Erfahrungen zusammengeführt, da das Projekt zunächst von Studierenden durchgeführt und erprobt wird. Lehrkräfte der Grundschule sowie Studierende und Dozierende der Universität bringen ihr Expertenwissen ein, Universität und Praxis arbeiten Hand in Hand.
Evaluation von offenen Lernumgebungen zum Forschenden Lernen
- In einem ersten Durchlauf wurden ein Prätest und ein Posttest zur Evaluation des inhaltsbezogenen Zuwachses zum Thema Zahnrad und Zahnradgetriebe bei SchülerInnen (N = 150) eingesetzt.
- Es wurde ein Selbsteinschätzungsinstrument entwickelt, um die Erfüllung grundlegender psychologischer Bedürfnisse (basic human needs: Autonomieempfinden, Empfinden sozialer Eingebundenheit, Kompetenzerleben) zu erfassen (N = 150).
- Mikroanalysen ermöglichen einen Einblick in das Aufmerksamkeitsverhalten bei leistungsstarken und leistungsschwachen SchülerInnen (N = 10).
- Die beispielhafte Analyse der Forscherhefte der SchülerInnen befasst sich mit der Qualität der Dokumentation des freien Forschens (N = 150).
- Eine derzeit entstehende Videoanalyse einer heterogenen Schülergruppe soll die Phase des freien Forschens im Hinblick auf die Gesprächsanteile der SchülerInnen analysieren: Wieviele Handlungseinheiten sind der organisatorischen, inhaltlichen oder metakognitiven Ebene zuzuordnen?
Weiterführende Impulse für die Praxis
Lehrkräfte an Grundschulen können sich die Materialboxen und Unterrichtsvorschläge von der Lernwerkstatt der Universität ausleihen.
Materialien
Hier finden Sie in Kürze die Materialliste der Kisten. Die Broschüre „Expertenbuch zum Zahnrad“ für Lehrkräfte und Kinder finden Sie hier.
Publikationen:
Nutzung von Analogiemodellen für den Aufbau flexibel anwendbarer physikalischer Konzepte bei Grundschüler/innen - Beispiel 'Strom'
(Drittmittelfinanzierte Einzelförderung)
Projektleitung:
Projektstart: 1. Februar 2011
Projektende: 28. Februar 2013
Mittelgeber: DFG-Einzelförderung / Sachbeihilfe (EIN-SBH)
Abstract:
Es soll untersucht werden, ob und inwiefern bereits Grundschüler/innen Analogiemodelle für den Aufbau flexibel anwendbarer Konzepte nutzen (können). Dabei sollen zum einen die Effekte des Einsatzes von Analogiemodellen untersucht werden; zum anderen soll erhoben werden, ob und wie die Schüler/innen diese Analogiemodelle für ihre Verstehensprozesse nutzen. Die Forschungsfragen sollen anhand des Lehrplanthemas „Strom“ (3. Jahrgangsstufe; Unterrichtsziele: Aufbau eines Stromkreiskonzepts und dem Abbau von Stromverbrauchsvorstellungen) untersucht werden, da es sich hierbei um abstrakte Konzepte handelt, die in der Regel den Alltagsvorstellungen widersprechen. Das Forschungsvorhaben ist als eine quantitative Studie mit einem quasi-experimentellen Design angelegt – zwei Experimentalgruppen, die je mit verschiedenen Analogiemodellen arbeiten, werden einer Kontrollgruppe ohne Einsatz von Analogiemodellen gegenüber gestellt. Die Untersuchung der Frage, wie die Schüler/innen die Analogiemodelle nutzen, erfolgt an ausgewählten Schülergruppen anhand qualitativer Verfahren.
Publikationen:
Rundum gesund? Die Mischungs macht's! Gesundheitspädagogik in der Grundschule
(Projekt aus Eigenmitteln)
Projektleitung:
Projektbeteiligte:
Projektstart: 1. Mai 2013
Projektende: 30. Juli 2013
Abstract:
Theoretischer Hintergrund und Forschungsstand
Die Gesundheitspädagogik in der Grundschule steht vor einem Dilemma: Einerseits sollte sie präventiv früh ansetzen, um der Entstehung ungünstiger stabiler Verhaltensweisen entgegenzuwirken. Andererseits haben Grundschüler in der Regel noch keine gesundheitlichen Schwierigkeiten, so dass dieses Wissen und diese Verhaltensweisen noch nicht zwingend erforderlich sind. Zudem haben Grundschulkinder wenig Einfluss auf zentrale Bereiche (wie z.B. Ernährung), da dies der Kontrolle der Eltern obliegt. So laufen gesundheitspädagogische Inhalte oft Gefahr, zu trägem Wissen zu werden.Eine weitere Schwierigkeit der Gesundheitspädagogik ist, dass das Thema Gesundheit oft auf den körperlichen Aspekt verkürzt und damit eine veraltete Vorstellung transportiert wird, die sehr absolut und zum Teil wenig beeinflussbar gesehen wird.Dagegen ist heute Konsens, dass Gesundheit neben körperlichen auch geistige und soziale Komponenten hat. Darüber hinaus sind gesund und krank keine absoluten Antinomien sondern die Enden eines Kontinuums: So kann ein Mensch mit einem körperlichen Leiden dennoch das Gefühl haben, weitgehend gesund zu sein, wohingegen ein körperlich gesunder Mensch mit psychischen Problemen sehr krank sein kann. Mit dem Wissen um die verschiedenen Komponenten lässt sich Gesundheit im körperlichen, geistigen und sozialen Bereich vielfältig aktiv beeinflussen.Die Grundidee des Forschungsprojektes „Rundum gesund? Die Mischung macht’s!“ ist es, hier anzusetzen: Das Gesundheitsverständnis der Kinder soll über den körperlichen Bereich hinaus ausdifferenziert werden (biopsychosozialer Gesundheitsbegriff). Sie sollen begreifen, dass Gesundheit und Krankheit ein Kontinuum sind (relativer Gesundheitsbegriff) und dass sie ihr eigenes Gesundheitsempfinden durch vielfältige Verhaltensweisen aktiv beeinflussen können (Selbstkonzept und Selbstwirksamkeitserwartungen in Bezug auf Gesundheit). Besonders bedeutsam ist dabei, dass die verschiedenen Gesundheitsaspekte in ein ausgewogenes Verhältnis gebracht werden können (dynamischer Gesundheitsbegriff).
Fragestellungen
Das zentrale Erkenntnisinteresse dieses Projektes liegt auf den Präkonzepten der Grundschulkinder entsprechend auf folgenden Forschungsfragen: Welches Verständnis von Gesundheit haben Grundschulkinder am Ende der Grundschulzeit? Lässt sich der Gesundheitsbegriff bereits im Grundschulalter mit Hilfe einer Intervention ausdifferenzieren?
Methode: Design, Stichprobe, Instrumente
Diesen Fragen wurde in einer quasi-experimentellen Interventionsstudie im Prä-Posttest-Design mit Kontrollgruppe (12 Klassen der 4. Jahrgangsstufe in bayerischen Grundschulen, N = 243) nachgegangen. Die Intervention bestand aus sechs doppelstündigen Unterrichtseinheiten zu fünf zentralen Themen der Gesundheit (Ernährung, Bewegung, Freunde, Entspannung, Alltagssüchte). Sie wurde in fünf Klassen durchgeführt sowie mit quantitativen und qualitativen Datenerfassungs- und –analysemethoden evaluiert: Eingesetzt wurden Fragebögen mit offenem und geschlossenem Antwortformat. Darüber hinaus wurden von den Schüler/innen Fallbeispiele bearbeitet, die Hinweise auf die Ausprägung des dynamischen Gesundheitsbegriffs liefern sollten. Zusätzlich wurden mit randomisiert ausgewählten Kindern (N = 25) leitfadengestützte Interviews zum Gesundheitsverständnis geführt.
Ergebnisse
Die Ergebnisse zeigen, dass etwa 25 % der Kinder am Ende der Grundschulzeit über ein relativ ausdifferenziertes Gesundheitsverständnis verfügen, während 75 % der Kinder einen eher eindimensionalen Gesundheitsbegriff aufweisen. Bei 25 % der Kinder finden sich sogar beim biologischen Aspekt noch große Defizite, dass diese Kinder eventuell vorsichtig als Risikogruppe bezeichnet werden könnten. Die Posttests zeigen signifikante Zuwächse zugunsten der Treatmentgruppe. Bei der Gruppe der möglichen Risikokinder finden sich deskriptiv deutliche Zuwächse mit Effektstärken von d = 1.11 – ein Hinweis darauf, dass sich bereits im Grundschulalter bei Kindern aller Gruppen ein differenziert(er)es Verständnis von Gesundheit anbahnen lässt.